EIN HÄLLISCHER BAUERNHOF

HAUS RAMSBACH 2 IN SCHWÄBISCH HALL

Obschon sich die obertägige Bausubstanz in zwei jüngere Entstehungsphasen mit lediglich 42 Jahren Abstand präsentieren, finden sich im unterirdischen Teil des Hauses deutlich ältere Spuren.

Die Kelleranlage

Der in zwei Phasen entstandene Gewölbekeller des Hauses ist deutlich älter als die obertägige Bausubstanz. Die, über seine beiden Entstehungsabschnitte akkurat ausgefluchtete, 16m lange Kelleranlage (zirka 8,60 südlicher Teil und zirka 7,50m nördlicher Teil) misst durchgängig 6,2m Breite und ist mit aneinander gefügten, unterschiedlich hohen, relativ flach angelegten Gewölbetonnen überdeckt. Insgesamt liegt die Kelleranlage etwas außermittig zum heutigen Erdgeschoss, und mit knapp 5 Grad Abweichung zu den Traufwänden des heute ca. 9,5m breiten und 22,15m langen, darüber aufgehenden Hause scheint der Keller leicht verdreht unter dem Hausgrundriss zu liegen. Mit den, erst im Zuge der Erneuerung der oben aufgesetzten Hausteilen entstandenen Verlängerungen/Anpassungen der Lüftungszüge dieser Kelleranlage wird deutlich, dass hier ursprünglich andersartige, aufgehende Bausubstanz vorhanden war, die 1787 und 1827 dann in zwei Abschnitten ersetzt/erneuert worden ist.

Leicht nördlich der wesentlichen Baufuge der beiden Kellergewölbe-Bauabschnitte befindet sich ein mehrere Meter tiefer, ausgemauerter und wasserführender Hausbrunnen.

Bauartlich, und im Vergleich zu den Haller Kelleranlagen [1] entspricht der nördliche Kellerbereich in seiner Mauertechnik und der vorhandenen Gewölbeform den Bautraditionen des 15./16.Jhdts. in der Region, jener der südlichen Partie dürfte im 17.Jhdt. entstanden sein.

Der Grundriss und einige Bauspuren der beiden Kellergewölbe sprechen für ein hier einst aufgehendes, vermutlich (orts-) herrschaftliches (Stein-?) Haus, dessen Erschließungsstrukturen vermutliche ganz anders als die heutigen gestaltet waren (siehe z.B.: Steintreppenrest an der südlichen Kellerwand). In mindestens zwei Erneuerungsphasen, 1787 und 1827 erhielten die beiden, zu unterschiedlichen Zeiten entstandenen Kellerpartien jeweils einen darüber komplett erneuerten Hausaufbau, welcher -wie erwähnt- heute in seinen Baufluchten leicht verschwenkt zur Ausrichtung der Kelleranlage besteht.

Der etwas größere, südliche Kellerteil ist aus sorgfältig zugerichteten Sandstein-Bruch- und Werksteinen hergestellt, der etwas flacher eingewölbte nördliche Teil besteht aus weniger sorgfältig gearbeiteten und z.T. großformatigen Bruchsteinblöcken aufgemauert.

Bei genauem Erfassen der Raumverhältnisse stellt sich der nördliche Grundriss-Teil als annähernd, aber eben nicht korrekt quadratisch angelegte Form heraus, womit sich der Verdacht einer spätmittelalterlichen Entstehung dieses Raumes erhärten lässt, zumal sich auch die später (im Zuge der Kellervergrößerung im 17.Jhdt.?) mit einer neuen Mauerung rund gefasste Wasserbrunnenschacht-Anlage in Höhe der heutigen Gewölbefuge mehr in der Fläche des älteren Bereiches, als in jener der Kellervergrößerung befindet. Die Ortslage Ramsbach ist reich an Wasservorkommen. Bereits in 4-5m Tiefe unter der Grasnarbe lassen sich ganzjährig wasserhaltende Schichten finden. Direkt unter bäuerlichen Häusern der Region finden sich i.d.R. nur sehr selten derart gut wasserhaltende Brunnenanlagen, in Kellern unter ehemals herrschaftlichen Bauten aus Zeiten vor 1600 hingegen treffen wir solche Wasserstellen häufig an.  

Der heutige Kellerabgang in diesen älteren Bereich ist eindeutig mit der Erneuerung des nördlichen Hausbereiches um 1827 in eine eigens dafür vergrößerte Gewölbeöffnung eingesetzt worden, wie auch die mit Flachstürzen ausgestatteten vier Lüftungszüge im nördlichen Keller und deren seitliche Abmauerungen erst in dieser Phase ihre heutige Form erhielten, als sie auf den neuen Erdgeschossgrundriss angepasst wurden. Die Lüftungszüge des südlichen Kellers wurden augenscheinlich ebenfalls mit dem Neuaufbau des südlichen Hausbereiches um 1787 auf dessen Verhältnisse angepasst. Die hier vorhandenen, überwölbten Kellerlüftungen mit sauber behauenen Endvermauerungen an den Einbindungen in das Gewölbe sind bauzeitlich mit dem Keller entstanden. Der südliche Kellerbereich besitzt an seinen Außenkanten des aufwändig mit gebrannten Backsteinen gepflasterten Kellerbodens eine andere Bauart der Entwässerungsrinne, als jene im älteren Kellerteil, wo sich große, teils ungeordnete Sandsteinplatten als Bodenbelag finden und eben jene andersartig geschaffenen Entwässerungsrinne.

Die in den südlichen Keller mit einem hohen Rundbogentor eingestellte Trennwand stellt eine eigene Bauphase dar -möglicherweise kurz nachdem die einstmals für den Kellerbau notwendige Gewölbelehre entfernt worden war. Das glatt verputze Bruchstein-Mauerwerk ist in das bereits bestehende Gewölbe hinein gefügt worden. Die beiden Torflügel des Rundbogentors sind nicht mehr vorhanden; sie schlugen über einer bemerkenswert hohen (22cm) Schwelle nach Norden auf. Nach den Werkzeugspuren auf den Steinoberflächen und den Versetzarten der im jüngeren Kellerbereich verwendeten Steine (rötlicher Sandstein, vermutlich örtlich/umfeld-örtliche Provenienz) entstand dieser Kellerbereich wohl im 17.Jahrhundert und die eingestellte Trennwand mit ihrem dreiteiligen Bogengewände nur unwesentlich später nach der Gewölbeerrichtung. Der somit abgeschlossene, südliche Kellerraum besitzt eine, vor die Südwand gestellte Treppe, deren Austritt im Erdgeschoss heute oben verschlossen ist. Ab der fünften Stufe wird die Treppe durch eine bauzeitliche Abtrennwand zum Kellerraum hin abgetrennt.

Im heutigen Erdgeschossgrundriss würde diese, als „Kellerschlupf“ anzusprechende schmale Treppe an der westlichen Partie des einstigen Pferdestalls austreten. Es ist denkbar, aber mangels Einsehbarkeit der hier später veränderten Raumoberflächen nicht ablesbar, das sich der Zugang zur Schlupftreppe in einem einstmals abgetrennten Raumbereich befand, welcher mittels Verbindungstür vom ehemaligen Treppenhaus (heute Bereich des Bades in der Erdgeschosswohnung) zugänglich gewesen ist.  


Das Erdgeschoss des Baubereiches von 1787

Mit den jüngeren Nutzungsanforderungen erhielt dieser Hausbereich in der 1.Hälfte des 20.Jhdts neue Fensteröffnungen an der Süd- und der Ostseite. Die südliche und die mittlere der ehemals drei Hauszugänge in diesen Hausbereich wurden seit seiner Bauzeit behalten, die dritte Eingangstür entfiel und wurde in eine Wand mit Fenstern umgebaut, als die Etage einen großen Backofeneinbau an ihrer Westseite erfuhr und anstelle frühere Stallungsbereiche an der Ostseite ein „Gesinde-„(?)Zimmer eingebaut wurde. Bemerkenswerterweise ist die Trennwand zum später an der Nordseite entstandenen „Verlängerungsanbau“ von 1827 auch im Erdgeschoss als Fachwerkwand hergestellt, woraus geschlossen werden kann, dass hier zur Bauzeit des südlichen Hausteils 1787 bereits ein Gebäude vorhanden war.   


Das Erdgeschoss von 1827

Der Anbau von 1827 hat Vorgängergebäude ersetzt, welches wahrscheinlich mit einem etwas schmäleren Grundriss auf den gegebenen Fluchtverhältnisse des älteren Kellerbereiches vorhanden war und möglicherweise ein Steinhaus gewesen ist. Auffallend sind die großformatigen Steinblöcke aus örtlichem Sandstein in den hier geschaffenen Außenwänden, woran deutliche Überarbeitungsmerkmal der Steinoberflächen zu erkennen sind. Mit dem neu aufgeführten Gebäudebereich entstand ein zweiflügeliger Haupteingang und eine neue Treppenerschließung, des im Zuge dieser Baumaßnahme ebenfalls veränderten Gesamtgrundrisses im Obergeschoss. Im nördlichen Erdgeschoss-Grundrissteil wurde ein Stallraum (vermutlich als Schweinestall) eingerichtet, welcher erst um 1970 zur Garage geworden ist und dabei seinen ursprünglichen Außenzugang gegen eine große Maueröffnung eintauschte.


Das 1.Obergeschoss des Baubereiches von 1787

Dieser Hausbereich entstand als dreizonig-zweischiffig eingeteilter Ursprungsgrundriss mit einer einläufigen Treppenanlage in der mittigen Hauszone und ist als kompletter Fachwerkstock abgezimmert worden. Aus der Erstausstattung findet sich in der ehemaligen Wohnstube auf der Südostecke noch eine zeittypisch stuckierte Decke, sowie wesentliche Teile der Brüstungstäferungen mit abgeblatteten Füllungselemente aus der einstigen Stubennutzung. Mit dem 1827 geschaffenen Verlängerungsanbau wurde im südlichen Hausbereich der Flur aufgelöst und dessen einstige Trennwand zur Stube nach Norden um ca 1m verschoben, woraus eine vergrößerte Stube und eine Art „Vorzimmer“ entstand, welches an die ebenfalls mehr in die Hausmitte verlegte Küche (die bis dahin auf der Südwestecke des Grundrisses gelegen hatte) und an das neue Treppenhaus angebunden worden ist.


Das 1.Obergeschoss des Baubereiches von 1827

Neben dem neuen Treppenhaus entstand hier augenscheinlich eine „Ausdingwohnung mit einer zweiten kleinen Küche (später zum Bad geworden), welche einen aussen aus der Wand ragenden Backofen besaß , einem Wohnzimmer auf der Nord-Ostecke und einer Kammer, die wiederum an das o.g. „Vorzimmer“ angebunden war. In der Konsequenz der Stallverlegung im Erdgeschoss wurde im Obergeschoss der „lange Gang“, der Abtritt an das Treppenhaus angebunden und in die nordwestliche Hausecke des neuen Gesamtgrundrisses verlegt.


Das neue Dach von 1827

 Aus welchem Grund das damals erst 42 Jahre alte Dach auf dem südlichen Hausbereich im Zuge der Hausverlängerung erneuert worden ist, lässt sich heute wohl nicht mehr ermitteln. Möglicherweise war es bereits schadhaft. Jedenfalls hat der 1827 tätige Zimmermann auf den damals veränderten Obergeschossgrundriss neue Bundachsen gestellt und ein komplett neues Dach mit fünf Innenbundachsen und liegenden Tragwerkselementen über der gesamten Hauslänge aufgeschlagen. Aus dieser Zeit ist auch noch der Nordgiebel erhalten, welcher bis zum jüngsten Hausumbau in seinen Gefachen nicht ausgemauert, sondern lediglich außenseitig vertäfert gewesen ist.


Das Zwerchhaus und die Erneuerung des Südgiebels und Grundrissanpassungen

Um zusätzlichen Wohnraum zu gewinnen, wurde wohl in den Jahren um 1900/1920 über der Ostdachseite ein großes Zwerchhaus errichtet, welches zwei Wohnkammern aufnehmen konnte. Dabei erhielt das „Vorzimmer“ im 1.OG eine Neueinteilung seiner Fassadenbefensterung und das Wohnzimmer auf der Südostecke, wie auch das damalige Schlafzimmer auf der Südwestecke wurde jeweils in zwei Raumbereiche unterteilt.

Im Zuge dieser Bauaktion wurde auch der gesamte Südgiebel erneuert, vielleicht, weil er damals mit seiner exponierten Lage bereits ziemlich witterungsgeschädigt war. Der neue Giebel und die Obergeschosswand an der Südseite erhielt in diesem Zusammenhang eine neuen Außenputz

[1] (vgl.: Schätz-Boensch: Vom Dorf zur Vorstadt; in: HausGeschichten- Katalog zur gleichnamigen Ausstellung des HFM, 1992; sowie nach eigenen Beobachtungen des Verfassers während der vergangenen 30 Jahren in Haller Kellern und Gewölbeanlagen und in Bauern- und Stadthäusern der Region

GEMARKUNG

Stadt Schwäbisch Hall

BAUALTER

1787-i-

STATUS

Kulturdenkmal (§2 DSchG)

NUTZUNG

Mehrparteien-Wohnhaus

BAUHERR

privat

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