Verformungsgetreue Bestandspläne sind wichtige Voraussetzungen für Umbau- oder Sanierungsmaßnahmen in der praktischen Denkmalpflege. Bei der Durchführung von Bauaufnahmen haben sich Vermessungsmethoden wie das klassische Handaufmaß, die Bildentzerrung oder die computergestützte Tachymetrie bewährt. Ergänzt werden diese Standardverfahren durch weitere digitale Methoden wie Structure from Motion (SfM) oder Terrestrisches Laserscanning (TLS), die sich heute immer mehr etablieren.
Entzerrte Ansicht eines Fachwerkhauses in Schwäbisch Hall. Die Bildentzerrung ermöglicht eine präzise und orthogonale Ansicht eines Bauwerks und erzeugt ein sogenanntes ‚Messbild‘ aus dem bis auf wenige Zentimeter genaue herausgemessen werden kann. Besonders wichtig für die Bauforschung ist die originalgetreue Wiedergabe von Farbigkeiten. [Bild: SCHÄFER.PARTNER PartG]
Structure from Motion-Verfahren (SfM)
„SfM ist eine automatisierte Form der Mehrbildphotogrammetrie, bei der in Fotos identische Pixel identifiziert werden. Mit Hilfe dieser Pixel können die Fotos zu einem dreidimensionalen Bildverband in Form von Punktwolken und Oberflächenmodellen mit oder ohne Textur zusammengesetzt werden. Durch tachymetrisch gemessene Passpunkte oder Referenzmaße kann das Modell georeferenziert und maßstabsgetreu skaliert werden.“ (Zitat aus: ´Moderne Dokumentationsmethoden´, Text von Christiane Brasse, Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg 2019)
Punktwolke (0ben) und 3D-Model (unten) eines Altbauensembles in Schwäbisch Hall, generiert aus einer Bildentzerrung. Die Dachformen wurden zunächst manuell ergänzt. [Model: SCHÄFER.PARTNER PartG]
Die Qualität der Modelle wird von der Auflösung und Schärfe der Fotos sowie der Datenauswertesoftware mit ihren Parametern bestimmt. Zwar sind die nötigen Fotos schnell erstellt, der Zeitaufwand für die Bearbeitung der Rohdaten und die Rechenprozesse sind bei der Zeitplanung allerdings ebenso zu berücksichtigen.
Ein großer Vorteil dieses Verfahrens liegt in der Generierung eines fotorealistisch texturierten und dreidimensionalen Abbildes von Objektoberflächen, bei dem kleinste Verformungen erkennbar sind. Besonders amorphe, unregelmäßige Objekte sind hier sehr gut darstellbar, weswegen dieses photogrammetrische Verfahren schon seit Längerem seinen Einsatz in der Dokumentation archäologischer Ausgrabungen hat.
Die mit Hilfe des SfM-Verfahrens erstellten Punktwolken können als Grundlage zur Erstellung von Strichzeichnungen herangezogen werden. Die 3D-Oberflächenmodelle können als Analyse, Präsentations- oder Rekonstruktionswerkzeuge dienen. Ein Beispiel für ein Exportprodukt des SfM-Verfahrens ist ein sog. Orthofoto, eine verzerrungsfreie, maßstabsgetreue lotrechte Projektion einer Oberfläche wie z.B. eine Hausfassade. In einer solch hochauflösenden, geometrisch korrekten Bildplangrundlage werden etwa Schadenskartierungen vorgenommen, die unmittelbar für die weitergehende Planung von Sanierungsmaßnahmen eingesetzt werden können.
Stufendarstellung für die Auswertung von der virtuellen Punktwolke bis zur Linienzeichnung. Durch die Methode können vor allem Verformungen und Details sehr präzise wiedergegeben und in Bestandsplänen erfasst werden. [Quelle: SCHÄFER.PARTNER PartG]
Beitrag: JR