Wie viel Energie wird benötigt um ein Gebäude zu errichten? Wie viel Energie benötigen wir für den Abbau von Rohstoffen, den Transport, die Herstellung von Bauprodukten und Baustoffen, wieder den Transport und den Einbau? Die energetische Bilanz eines Neubauprojektes ist verheerend, liegt der Fokus der Ressourceneffizienz bislang doch auf den Betriebsenergien und weniger auf den erforderlichen Herstellungsaufwänden.

Betrachtet man den oben aufgezählten Aufwand, stellt man schnell fest, dass ein Gebäude immer effizienter wird, um so länger seine Nutzungsdauer ist. Da stellt man sich nun schon die Frage: Kann ein Altbau, dessen Nutzungsdauer sich nach einmaligem Errichtungsaufwand über mehrere hundert Jahre erstreckt, wirklich so schlecht, wie die Baustoffindustrie uns weiß machen möchte? In der Regel weisen die älteren und wertvolleren Bestandsbauten sogar substanziell bessere und dauerhafterer Konstruktionen aus Vollhölzern oder massiven Mauerwerken auf, als diese heute in Folge Sparwillens hergestellt werden würde. Der Beweis für ihre Dauerhaftigkeit ist ihre bloße Existenz.

In den einschlägige Tabellen und Tafelwerken der heutigen Bauphysik tauschen diese Individualkonstruktionen selbstverständlich nicht auf. Der akademische Ingenieur tut dem folgend nur das, was ihm geheißen und ordnet ein Bauteil, das er nicht klassifizieren kann, zur Sicherheit in die schlechteste Sortierklasse ein. In dem Gedanken, damit den ‚schlechtesten‘ Fall des Unbekannten abzudecken, handelt er dann im akademischen Sinne richtig – im ressourchenschonenden Sinne nicht.

Ein bestehendes Gebäude weiter zu nutzen, bedeutet den einmal aufgewendeten energetischen Aufwand weiterhin zu gebrauchen. Die Instandsetzung eines bestehenden Gebäudes kann im Regelfall nicht ansatzweise so viel energetischen Aufwand auslösen, wie ein Neubau. Dies alleine schon mangels substanzieller Neubaumasse, die hergestellt werden muss. Bei einer effizienten Altbauerhaltung sollte der Großteil eines Bauwerkes übernommen und fortgenutzt werden können, um ein nachhaltiges Sanierungsziel zu erreichen.

‚Energetische Sanierung‘ ist ein Zauberwort geworden. Die meisten verstehen darunter das Einpacken schmucker Fassaden unter schnöden Wärmedämmverbundsystemen. Viel wichtiger jedoch sind dabei die ganzheitlichen Betrachtung aus Herstellungsaufwand, Betriebsaufwand und Unterhaltsaufwand – und zwar dauerhaft gesehen.

Ein Kubikmeter Holz speichert zirka eine Tonne CO2. Damit sind unsere Wälder die größten und wertvollsten CO2-Speicher die wir haben. Und das beste: Sie wachsen nach. Von historischen Holzbauten kann man Letzteres zwar nicht behaupten, aber die Eigenschaft als Speicher eines Treibhausgases übernehmen diese Gebäude sehr wohl. Und wer glaubt, dass ‚das Bisschen Holz‘ nicht viel auf der Waage des Weltklimas ausmacht, der ist im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Holzweg. Holz ist und bleibt einer der beliebtesten Baustoffe weltweit, weil fast überall verfügbar, nachwachsend und universell einsetzbar. Alleine unter gut der Hälfte der 33.440km Scheine in Deutschland liegen beispielsweise bis heute Holzschwellen. Eine Unzahl von Fußgängerbrücken, Stegen, Bushäuschen, Pavillons, Parkbänken, Möbeln und unzählige Fachwerkhäuser und Dachstühle in diesem Land werden aus Holz hergestellt. Und das in einzelnen Fällen schon seit ein paar Jahrhunderten. Zählen wir alles das zusammen, was in unserer gebauten Umwelt aus Hol ist, bekommen wir ein gigantisches Äquivalent an CO2-Speicherung.

Entsprechend ist der Abbruch und die Entsorgung dieser Speicher im Grunde als klimaschädlich zu erkennen. Denn die Zerstörung eines solchen Speichers bedeutet einerseits die Freisetzung des bis dahin darin gebundenen CO2 und anderseits die Reduzierung der zur Verfügung stehenden Speichermasse auf Dauer. Ist Abbruch per se damit ein Klimakiller? -Nein. In den meisten Fällen in denen Abgebrochen wird, haben die Restwertanalysen schon ergeben, dass die bestehenden Gebäude substantiell so schlecht oder beschädigt sind, dass ein Neubau auf Dauer effizienter sein wird.

Am Ende ist es unsere eigene Aufgabe, Bauwerk für Bauwerk einzuschätzen, ob eine Weiternutzung in Frage kommt oder nicht. Neben den rein klimatechnischen Anforderungen, sollten bei diesen Entscheidungen aber auch andere Werte eine entscheidende Rolle spielen, wie beispielsweise kunsthistorische oder emotionale Werte.

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